LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode

Drucksache 17/6067
zu Drucksache 17/5866 26. 04. 2018

Antwort
des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Giorgina Kazungu-Haß, Jaqueline Rauschkolb und Sven Teuber (SPD) – Drucksache 17/5866 –

Entgeltgleichheit realisieren
Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/5866 – vom 3. April 2018 hat folgenden Wortlaut:

Der Equal Pay Day am 18. März 2018 ist wie jedes Jahr Anlass, auf folgendes Phänomen aufmerksam zu machen: Frauen sehen sich nach wie vor mit geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Bezahlung konfrontiert, und das ist ungerecht. In Rheinland-Pfalz betrug das unbereinigte Lohngefälle, der „Gender Pay Gap“, im Jahr 2018 im Durchschnitt 20 Prozent. Deutschlandweit verdienen Frauen rund 21 Prozent weniger als Männer. Dieser Wert bleibt seit vielen Jahren unverändert hoch. Eine Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt liegt auf der Hand. Nur wenn verschiedene Maßnahmen stringent ineinander greifen, kann die Entgelt- lücke verringert werden. Ein wichtiger Schritt in dieser Hinsicht war auf Bundesebene das Gesetz zur Förderung der Transparenz in Entgeltstrukturen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche Ursachen können für den „Gender Pay Gap“ in Rheinland-Pfalz identifiziert werden?
  2. Welche Maßnahmen wurden seitens der Landesregierung in Rheinland-Pfalz bisher unternommen, um die bestehenden Lohn-unterschiede zu beseitigen?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung den Erfolg der bisher ergriffenen Maßnahmen?
  4. Welche weiteren Schritte wären für die Zukunft erforderlich, um die Entgeltungleichheit langfristig abzubauen?

Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes- regierung mit Schreiben vom 26. April 2018 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:

Die Ursachen für Entgeltungleichheit sind vielfältig und komplex. Das (unbereinigte) Lohngefälle – der sogenannte Gender Pay Gap – zwischen Frauen und Männern beträgt derzeit in Deutschland im Durchschnitt 21 Prozent, in Rheinland-Pfalz 20 Prozent. Gut ein Drittel der bestehenden Lohnunterschiede lassen sich auf feststellbare strukturelle Faktoren wie z. B. Beschäftigungsumfang oder Branchenzugehörigkeit zurückführen.

Die bereinigte Lohnlücke beträgt derzeit bundesweit 6 Prozent.

Folgende Hauptursachen des bestehenden Gender Pay Gap lassen sich identifizieren:

In Deutschland gibt es nach wie vor einen geschlechtsspezifischen Arbeitsmarkt; die Beschäftigungsschwerpunkte von Frauen und Männern unterscheiden sich erheblich. So werden in den Branchen, in denen überwiegend Frauen beschäftigt sind (z. B. in sozialen oder personennahen Dienstleistungen), im Durchschnitt geringere Löhne bezahlt als in Branchen, in denen überwiegend Männer beschäftigt sind (z. B. Fahrzeug- und Maschinenbau). Individuelle und kollektive Lohnverhandlungen haben die traditionell schlech- tere Bewertung typischer Frauenberufe bisher nicht nachhaltig überwinden können.

Darüber hinaus sind Frauen häufiger in den unteren hierarchischen Positionen vertreten; sie haben seltener eine Führungsfunktion inne, verdienen deshalb schon im Durchschnitt weniger. Untersuchungen zeigen zum Beispiel, dass auch bei gleichen qualifikatori- schen Voraussetzungen Frauen seltener Arbeitsplätze erhalten, die mit Zulagen verbunden sind bzw. die für berufliche Aufstiege günstig sind.

Weitere wichtige Gründe haben mit traditionellen Rollenmustern zu tun, die dazu führen, dass nach wie vor überwiegend Frauen aus Vereinbarkeitsgründen ihre Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung bzw. Pflege von Angehörigen unterbrechen.

Aufgrund dieser beruflichen Unterbrechungszeiten haben Frauen in der Folge Nachteile, wenn sie wieder zurückkehren möchten. Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt gestaltet sich für Frauen meist langwieriger und ist überwiegend mit Beschäftigungen in

Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 9. Mai 2018

b. w.

Teilzeit oder im Minijob verbunden. Darüber hinaus können Frauen aufgrund von Familienverpflichtungen im Durchschnitt weniger flexibel Überstunden leisten als die überwiegend von Familienaufgaben nicht belasteten Männer.

Zu Frage 2:

Entgeltgleichheit gilt als Indikator für Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt. Die Beseitigung bestehender geschlechtsspezi- fischer Lohnungleichheit ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe vor allem der Tarifpartnerinnen und -partner, aber auch der Politik im Hinblick auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Ein wichtiger Schlüssel für gleichberechtigte Erwerbschancen für Frauen und den Abbau der geschlechtsspezifischen Lohnlücke ist die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Neben dem fortgesetzten Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren unterstützt die Landesregierung Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei der Einführung vereinbarkeitsfreundlicher Arbeitsbedingungen (u. a. durch regionale Netzwerktreffen und praxisorientierte Hilfetools). Damit Frauen nach einer Familien- phase der Einstieg bzw. Wiedereinstieg in das Berufsleben erfolgreich gelingt, fördert die Landesregierung u. a. Projekte wie die Beratungsstellen „Neue Chancen“ und die Ausbildungsmaßnahmen für Alleinerziehende „FiT – Frauen in Teilzeit“.

Die Weichen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt werden schon in der Berufsorientierung gestellt. Das Landeskonzept für Berufs- und Studienorientierung, das an allen weiterführenden Schulen umgesetzt wird, setzt auf die Änderung des Berufswahlverhaltens junger Frauen und die individuelle Orientierung frei von Geschlechterklischees. Dazu gehört auch der Beitritt des Bildungsministeriums und des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz zu der Bundesinitiative „Nationale Kooperationen zur Berufs- und Studienwahl frei von Geschlechterklischees“.

Berufsorientierungsprojekte wie das „Ada-Lovelace-Projekt – Mentoring für Mädchen und junge Frauen im MINT-Bereich“ und der jährliche „Girls’Day – Mädchen-Zukunftstag“ zielen darauf, Mädchen und junge Frauen für eine Karriere im MINT-Bereich zu gewinnen und damit langfristig den Frauenanteil in zukunftsträchtigen und gut bezahlten Berufen zu steigern.

Geeignete Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen sind u. a. Mentoringprojekte wie das landeseigene Mentoring-Programm „Mehr Frauen an die Spitze“, in dem weibliche Nachwuchsführungskräfte der rheinland- pfälzischen Landesverwaltung in ihrer beruflichen Entwicklung gefördert werden.

Auf einzelbetrieblicher Ebene unterstützt die innerhalb des durch die Landesregierung geförderten Projekts „Dialog Entgelt- gleichheit“ eingesetzte Kompetenzstelle „Freiwillige Lohntests“ kleine und mittlere Unternehmen in Rheinland-Pfalz bei der Um- setzung des Grundsatzes „Gleicher Lohn für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit“.

Zu Frage 3:

Die Verringerung geschlechtsspezifischer Verdienstunterschiede ist angesichts der komplexen Ursachenlage ein längerfristig wirkender Prozess. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass sich der Gender Pay Gap weder auf Bundesebene noch in Rheinland-Pfalz nachhaltig verändert hat.

Im Betrachtungszeitraum der letzten zehn Jahre war der entsprechende Wert in Rheinland-Pfalz in den Jahren 2007 bis 2013 durch- gängig mit 22 Prozent am höchsten, in den Jahren 2014 und 2015 mit 21 Prozent sowie in den Jahren 2016 und 2017 mit 20 Prozent leicht gesunken.

Mit dem Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen, das am 6. Juli 2017 in Kraft getreten ist, soll das Ziel einer gerechten Bezahlung von Frauen nun zügiger erreicht werden. Mit der Einführung dieses Gesetzes sind die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass Betroffene ihren Anspruch auf gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit besser durchsetzen können.

Wesentliches Element ist der individuelle Auskunftsanspruch. Seit dem 6. Januar 2018 haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten das Recht zu erfahren, was Kolleginnen und Kollegen des jeweils anderen Geschlechts mit vergleichbarer Beschäftigung verdienen.

Zu Frage 4:

Die Regelungen des Entgelttransparenzgesetzes werden in den nächsten Monaten im Hinblick auf ihre Wirksamkeit, Reichweite und den damit verbundenen Aufwand überprüft. Die Bundesregierung wird im Juli 2019 – zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes – erstmalig eine Evaluation vorlegen, mit der ggf. Vorschläge zur Weiterentwicklung oder Anpassung gesetzlicher Regelungen formuliert werden. Bei der Evaluierung sind die Sozialpartner einzubeziehen. Ausweislich des Koalitionsvertrages auf Bundesebene sollen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Beratungs- und Unterstützungsangebote geschaffen sowie zertifizierte Prüfverfahren für Unternehmen angeboten werden.

In Vertretung:
Dr. Christiane Rohleder Staatssekretärin

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