Antwort
des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sven Teuber und Jens Guth (SPD)
– Drucksache 17/12214 –


Aktuelle Situation auf dem rheinland-pfälzischen Arbeitsmarkt
Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/12214 – vom 26. Juni 2020 hat folgenden Wortlaut:


Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland vom 3. Juni 2020 ist die Zahl der arbeitslosen Frauen und Männer im Mai 2020 nochmals deutlich gestiegen. Im genannten Monat waren 125.100 Menschen arbeitslos, 7.700 oder 6,5 Prozent mehr als vier Wochen zuvor. Im Vergleich zum Mai 2019 bedeutet die Zahl sogar ein Plus von 29.200 Arbeitslosen oder eine Zunahme von 30,4 Prozent.
Die Arbeitslosenquote stieg im Mai 2020 binnen Monatsfrist von 5,2 auf 5,5 Prozent. Im Mai 2019 hatte sie noch bei 4,3 Prozent gelegen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt?
  2. Welche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bei Land und Bund bieten dem Arbeitsmarkt aktuell Unterstützung?
  3. Welche Bedeutung hat hierbei der Austausch mit den Sozialpartnern?
    Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit
    Schreiben vom 14. Juli 2020 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die Corona-Pandemie wirkt sich weiterhin auf den Arbeitsmarkt aus. Im Juni 2020 ist die Zahl der arbeitslosen Frauen und Männer weiter angestiegen. So waren im Juni 2020 in Rheinland-Pfalz 126 446 Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind 1 389 mehr als im Mai 2020 und 30 283 mehr als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote ist seit März um 1,0 Prozentpunkte gestiegen auf 5,6 Prozent. Im Juni 2019 lag sie bei 4,3 Prozent. Im Ländervergleich hat Rheinland-Pfalz dennoch die drittniedrigste Arbeitslosenquote. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit hat sich zwar im Juni 2020 abgeschwächt, doch nach wie vor bestehen Unsicherheiten in der Wirtschaft und ziehen eine zurückhaltende Nachfrage nach Arbeitskräften und damit verbunden eine geringere Einstellungsbereitschaft der Unternehmen nach sich.
In den Monaten März bis Juni 2020 haben im Land 40 646 Betriebe konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Betroffen sind davon insgesamt 462 401 Personen. Wie viele Beschäftigte tatsächlich Kurzarbeitergeld erhalten, wird erst deutlich, wenn die Anträge auf Kurzarbeit abgerechnet werden. Hierfür haben die Betriebe drei Monate Zeit. Für den Monat März 2020 liegen nun erste Hochrechnungen vor. Demnach haben 15 700 Betriebe für 95 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurzarbeit umgesetzt. Von Kurzarbeit betroffen sind vor allem die Branchen Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, der Einzelhandel und die Gastronomie.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern liegt Rheinland-Pfalz bei den Anzeigen zur Kurzarbeit im Mittelfeld. Die meisten Anzeigen liegen aktuell in Nordrhein-Westfalen und die wenigsten in Bremen vor. Für Gesamtdeutschland haben rund 882 000 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Bei der Betrachtung sind jedoch die regionalen Unternehmensstrukturen zu berücksichtigen, so dass absolute Zahlen wenig Aussagekraft haben.
Wichtiger an dieser Stelle ist die Betrachtung, wie viele der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Kurzarbeit sind. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung waren im Mai 2020 rund 17 Prozent der Sozialversicherungspflichtigen in Rheinland-Pfalz in Kurzarbeit. Damit war Rheinland-Pfalz im Ländervergleich am wenigsten betroffen. Am stärksten waren Bayern und Niedersachsen mit rund 25 Prozent betroffen. Bundesweit lag der Wert bei rund 20 Prozent.

Zu Frage 2:
Bund und Land haben auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt sehr kurzfristig und zugleich sehr umfassend reagiert: Die Hinzuverdienstmöglichkeiten beim Bezug des Kurzarbeitergeldes sind ausgeweitet worden.
Das Kurzarbeitergeld selbst wurde aufgestockt. In den ersten drei Monaten erhalten die Beschäftigten 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent bei Arbeitnehmern mit Kindern des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgeltes. Dies wird dann sukzessive auf bis zu 87 Prozent gesteigert.
Der Bezug des Arbeitslosengeldes ist um drei Monate verlängert worden. Mit den Sozialschutzpaketen I und II ist der Zugang zu sozialen Sicherungsleistungen insgesamt erleichtert worden. Verdienstausfälle infolge von Kinderbetreuung werden entschädigt. Unternehmen und damit auch Arbeitsplätze werden durch die Soforthilfe von Bund und Land geschützt.
Auf Landesebene sind wir mit unserer Arbeitsmarktpolitik, die das Regelinstrumentarium des Zweiten und Dritten Buches
Sozialgesetzbuch ergänzt, gut aufgestellt. Wichtig war, dass in den Wochen des Shutdowns die rund 200 ESF- und Landesprojekte weiterfinanziert wurden und nicht abgebrochen werden mussten. Die ESF- und arbeitsmarktpolitischen Landesprojekte haben in dieser Zeit die Projektarbeit angepasst und auf alternative Arbeitsmethoden, wie zum Beispiel die verstärkte Nutzung digitaler Angebote, umgestellt. So konnten die für die Bewältigung der wirtschaftlichen Rezession dringend erforderlichen arbeitsmarktpolitischen Strukturen aufrechterhalten werden.
Für die Projektträger war das ein wichtiges Signal und ein Beitrag zur Sicherung der Fachkräfte sowie zur Vermeidung von
Arbeitslosigkeit. Seit Mitte Mai 2020 haben die Projektträger die Möglichkeit, schrittweise wieder Präsenzmaßnahmen durchzuführen beziehungsweise diese mit digitalen Angeboten zu kombinieren.

Zu Frage 3:
Der engen Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern misst die Landesregierung gerade während der Corona-Krise einen hohen Stellenwert bei.
Die Landesregierung hat jüngst bei der Sondersitzung des Ovalen Tischs der Ministerpräsidentin am 18. Juni 2020 ihre Maßnahmen mit denen ihrer Partner abgestimmt. Angesichts der gravierenden ökonomischen Einschnitte sowie mit Blick darauf, dass alle Annahmen hinsichtlich der weiteren Entwicklung mit ungewöhnlich hohen Unsicherheiten belastet sind, galt es dabei auch über weitere vorsorgliche Maßnahmen zu beraten, die bei Bedarf realisiert werden können.
Ziel der Partner muss es aus Sicht der Landesregierung insbesondere sein, Überreaktionen auf dem Ausbildungsmarkt zu vermeiden, die Situation zu stabilisieren und deutlich zu machen, dass eine duale Ausbildung weiterhin eine verlässliche Grundlage für die individuelle Perspektive auf dem Arbeitsmarkt darstellt.
Im Netzwerk mit den Gewerkschaften und den Betriebsräten engagiert sich das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie dafür, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterstützen. Dazu gehören beispielsweise der Austausch im Rahmen eines organisierten Web-Forums, ein Hotline-Angebot oder die Bereitstellung von regelmäßig aktualisierten FAQs.

Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Staatsministerin