Vor über zehn Jahren haben sich große diakonische Träger gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz und den Kommunen auf den Weg gemacht, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Menschen mit Behinderungen weiter zu verbessern. In einer aktuellen gemeinsamen Erklärung vom 8. Mai 2019 haben die Beteiligten die vergangenen Jahre resümiert und Bilanz gezogen. Wir fragen die Landesregierung:

1. Welches sind die übergeordneten Ziele und Inhalte der gemeinsamen Erklärung?

2. Welche Maßnahmen beinhaltet die gemeinsame Erklärung im Einzelnen?

3. Wie bewertet die Landesregierung die gemeinsame Erklärung?

Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 31. Mai 2019 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:

Es gehört seit vielen Jahren zu den behindertenpolitischen Zielen der Landesregierung, die Angebote, insbesondere die Wohnangebote, für Menschen mit Behinderungen in überschaubarer Größe und gemeindeintegriert auszugestalten. Diese Ziele wurden bereits Anfang des Jahres 2005 in einer gemeinsamen „Zielvereinbarung Wohnen zur Stärkung gemeindenaher Wohn- und Unterstützungsformen für behinderte Menschen in Rheinland-Pfalz“ des Sozialministeriums, der Kommunalen Spitzenverbände, der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege und der Verbände der Behindertenselbsthilfe festgelegt. Zur Umsetzung wurden seit dem Jahr 2008 mit vier diakonischen Trägern von Großeinrichtungen der Behindertenhilfe gemeinsame Zukunftskonferenzen durchgeführt, mit dem Ziel, die Einrichtungen durch die Dezentralisierung zu verkleinern und damit die Lebensbedingungen der behinderten Menschen zu verbessern. Im Mai 2008 wurde mit der kreuznacher diakonie die erste Zukunftskonferenz durchgeführt. Im Februar 2009 fand die nächste Zukunftskonferenz mit der Stiftung Scheuern statt. Dieser schloss sich im Oktober 2009 die Zukunftskonferenz mit Bethesda Landau (Träger: Diakonissen Speyer – Mannheim) und im November 2009 die Zukunftskonferenz mit ZOAR Rockenhausen an. Die vorerst letzte Zukunftskonferenz fand im März 2010 mit dem Caritasverband Speyer (Einrichtungen in Landau-Queichheim und Herxheim) statt. Der Zukunftskonferenzprozess mit dem Caritasverband Speyer konnte mittlerweile gemeinsam zum Abschluss gebracht werden; die vereinbarten Projekte, wie die Dezentralisierung der Wohnangebote für schwerstmehrfachbehinderte junge Menschen in Herxheim und die Weiterentwicklung des Förderkindergartens zu einer integrativen Kindertagesstätte, sind zwischenzeitlich in der konkreten Umsetzungsphase beziehungsweise abgeschlossen (integrative Kindertagesstätte).

Zu Frage 2:

Ziel war es, die großen Komplexeinrichtungen zu dezentralisieren und für die Menschen mit Behinderungen dezentrale Wohnangebote mitten in der Gemeinde zu schaffen. Damit wird die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verwirklicht, ihre Selbstbestimmung und insgesamt ihre Lebensqualität erhöht. Es war den Akteuren von Anfang an wichtig, diesen Weg gemeinsam mit allen beteiligten Gruppen zu gehen. Deswegen waren neben den Trägern der Angebote und Vertreterinnen und Vertreter des Landes, die Menschen mit Behinderungen, ihre Angehörigen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anbieter und die kommunale Ebene in die jeweiligen Prozesse eingebunden. Der zunächst auf zehn Jahre angelegte und von der Aktion Mensch geförderte Prozess hat dazu geführt, dass bisher für über 200 Menschen mit Behinderungen dezentrale Wohnangebote geschaffen wurden; daneben sind weitere 240 dezentrale Wohnangebote in einem fortgeschrittenen Planungsstand. Das Ziel ist es, für weitere, etwas mehr als 100 Menschen, zusätzliche dezentrale Wohnangebote zu schaffen.

Zu Frage 3:

Für die Landesregierung waren die vor zehn Jahren begonnenen Zukunftskonferenzprozesse ein wichtiges Projekt; insbesondere konnte dadurch verdeutlicht werden, dass die behindertenpolitischen Ziele auch in der praktischen Anwendung ganz konkret umgesetzt werden konnten. Der Landesregierung ist es wichtig, dass diese Prozesse fortgesetzt werden. Gerade die mit dem Bundesteilhabegesetz verbundenen Ziele und Möglichkeiten sind im Rahmen von mehr Selbstbestimmung und Personenorientierung ein wichtiger Grund dafür. Deswegen begrüßt die Landesregierung ausdrücklich, dass große diakonische Träger der Arbeitsgemeinschaft Diakonie in Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Land diesen Weg fortsetzen wollen.